Ambulante Kinder- und Jugendärzte wollen Klimaneutrale Praxen bis 2030

Der 125. Deutsche Ärztetag hat an alle Entscheider im Gesundheitswesen appelliert, alles zu veranlassen, damit das deutsche Gesundheitswesen bis zum Jahr 2030 klimaneutral arbeitet. Die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte wollen nun vorangehen und ihre Praxen schon heute klimaneutral gestalten.

"Wir Kinder- und Jugendärzte wollen nicht mehr länger warten, wir handeln jetzt," so Dr. Marco Heuerding, Landespressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Bremen und Sprecher der Initiative. "Das deutsche Gesundheitswesen ist nach Angaben des Lancet für die Emission von 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten verantwortlich. Das sind 5,2 Prozent der gesamten Emissionen Deutschlands. Das Gesundheitswesen hat daher ein großes Potenzial, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und damit die Gesundheit unserer Patienten zu erhalten. Zu diesen Maßnahmen gehören:

  • die Reduktion von CO2-Emissionen von Gebäuden und Liegenschaften von Krankenhäusern und Praxen
  • ressourcensparender Umgang mit diagnostischen und therapeutischen Substanzen während des gesamten Prozesses (Herstellung, Transport, Distribution, Verwendung und Entsorgung) Ersatz hoch klimaschädlicher Narkosegase und Asthmainhalatoren durch klimafreundlichere

Insbesondere unsere Praxen können eine wesentliche Rolle im Klimaschutz spielen durch

- Umstellung auf Ökostrom

- Einforderung der energetischen Sanierung der Gebäude

- umweltfreundliche Heizsysteme wie Wärmepumpen

- Umstellung der Beleuchtung der Praxen auf LED-Beleuchtung

- elektronische Steuerung der Heizkörper mit intelligenten Thermostaten, die eine Heizung

nur zu den Praxiszeiten ermöglichen

- Jobrad-Angebote und Tickets für den öffentlichen Nahverkehr für unsere Mitarbeiter:innen -

- Nutzung von Recycling-Produkten wie Recyclingpapier für Drucker, Liegenauflagen und

Einmalhandtüchern

- Kompensation des verbleibenden CO2 Abdrucks durch Abgaben für Klimaschutzprojekte wie Aufforstung und Wiedervernässung von Mooren

können Ideen auf dem Weg zur Klimaneutralität sein

All diese Ideen tragen dazu bei, unseren Kindern eine sichere und gesunde Zukunft zu ermöglichen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, es kommt auf jeden Einzelnen von uns an, sein Möglichstes zu tun, um unseren Kindern und Enkeln eine Zukunft zu ermöglichen.

Wir sind die Letzten, die noch etwas ändern können

Besonders sichtbar sind die Folgen des Klimawandels schon heute in Afrika:

Allein am Horn von Afrika sind wegen der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten Millionen Menschen von schwerem Hunger bedroht. Aufgrund der Klimakatastrophe hat es in Teilen von Ostafrika seit Jahren nicht mehr geregnet. Das Land ist ausgetrocknet, die Tiere verendet und die Felder verdorrt.

Millionen Menschen sind auf der Flucht. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden in diesem Jahr 6,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in der Region akut unterernährt sein. Mehr als 260.000 Kinder unter fünf Jahren sind in acht Ländern im Osten Afrikas in diesem Jahr bisher an extremem Hunger oder damit zusammenhängenden Krankheiten gestorben.

Was der Ukraine-Krieg mit dem Klima zu tun hat

Die europäische Union finanziert den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine auf entscheidende Weise mit. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben die EU-Staaten rund 35 Milliarden Euro für fossile Energien an Russland gezahlt - Geld, das dazu führt, dass bereits mehr als fünf Millionen Menschen, mehrheitlich Frauen und Kinder, aus ihrer Heimat flüchten mussten. Mehr als 200 Kinder starben im Krieg. Über 300 Kinder wurden bislang nach Angaben der UN verwundet oder verstümmelt. Als Ärzte sehen wir auch in Deutschland das Trauma einer ganzen Generation, die Angst um die Angehörigen und die erzwungene Entwurzelung. Rund 4,3 Millionen Kinder wurden im vergangenen Monat durch den Krieg in der Ukraine vertrieben - mehr als die Hälfte der rund 7,5 Millionen ukrainischen Kinder. Rund 1,8 Millionen der Kinder sind in die Nachbarländer geflohen, 2,5 Millionen Kinder sind innerhalb des Landes auf der Flucht.

Wir können nicht mehr so tun, als hätten wir Zeit.

Um das bei der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 gesteckte Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, muss die Welt die Nettotreibhausgasemissionen zwischen 2045 und 2060 auf null zurückfahren und damit einen sehr ambitionierten Klimaschutz betreiben.

Ungefähr sieben Jahre bleiben uns noch, bis das verbleibende CO2 Budget für eine Erwärmung der Atmosphäre um maximal 1,5 Grad aufgebraucht ist.

Die Beschüsse der Politik empfinden wir als unzureichend. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Ende aller fossilen Brennstoffe muss ein primäres Ziel aller politisch Verantwortlichen sein.

Wir wollen nicht mehr warten, sondern selbst handeln. In unseren Praxen Klimaneutralität schnell zu erreichen, ist unser Beitrag zum Umwelt- und Gesundheitsschutz."